Freitag, 30. Juni 2017

Ein "historischer Tag" und historische Reminiszenzen

I.
Nein, wir Demokratinnen und Demokraten müssen erkennen, dass die Würde des Hohen Hauses während und nach der heutigen Abstimmung im Bundestag (im dereinst von Frau Süßmuth blauviolett-demokratisch bestuhlten Reichstagsinneren) von den Konfettigranaten der Grünen nicht beschädigt, sondern illuminiert wurde. Und dass die ergrauten Grünen das Parlament mit einem Kindergarten verwechseln, ist ihnen angesichts ihrer geistigen Gesamtverfassung auch gar nicht zu verdenken. Zur infantilen Freude gehört auch der Jubel der abgebrochenen Theologiestudentin und hochrangigen Protestantin in den entsprechenden Führungsgremien der Zeitgeistmanufaktur EKD. Es sei ein „historischer Tag“ - was immer die Dame, frisch und aufs neue liiert mit einem anderen Kirchenfürsten, unter historisch verstehen mag. Als Theologin weiß sie zumindest, dass die Evangelische Kirche seit 1945 immer auf der richtigen Seite steht.

Historisch war der Tag fraglos für Volker Beck, der sein ganzes Leben in den Dienst der edlen Sache gestellt hat. Amor vincit omnia. Entgegen allen Protestationen aus seinem Munde gab es ehedem für Beck keine altersmäßige Untergenze für grenzenlose Liebe. And, lest we forget: Zur Befeuerung der Liebesfähigkeit versorgte er sich bei Bedarf mit Crystal Meth beim Dealer auf der Nolle, was – nach einer Anzeige, Abtauchen in den krankheitsbedingten Untergrund, Wiederaufstehung und Rückkehr in die Arena der Politik– seinem Ansehen als Menschenrechtskämpfer für Sex samt Ehe für alle keinen Abbruch tat. Beck, von den NRW-Delegierten bei der Kandidatenkür für die Merkel-Wahl im September 2017 abgewählt, trat am „historischen“ Tag ab wie ein Gockel – er sprach sprach- und genderinsensiblel vom Sieg der Schwulen und Lesben - im Besitz aller Federn nach siegreichem Hahnenkampf.

II.
Ob und wie historisch die heutige Abstimmung „historisch“ zu nennen ist, wird mutmaßlich das Bundesverfassungsgericht entscheiden – vorausgesetzt, dass einer der noch glaubensfesten Katholiken seine Ablehnung der L-S-etc-Ehe nach Karlsruhe trägt. Warum kaum noch ein Protestant – immerhin hat der frühere Verfassungsrichter Hans-Jürgen Papier (Protestant) das matrimonium-für-alle-Gesetz bereits für verfassungswidrig erklärt - außer den als „rechts“ kategorisierten konservativen sog. Evangelikalen am Segen des universellen Eheglücks zweifelt, erscheint historisch einleuchtend: Der Reformator und Begründer des – seit ca. 50 Jahren obsolet gewordenen - kinderreichen Hetero-Pfarrhauses Martin Luther erklärte die Ehe für ein „weltlich Ding“ und hielt nichts von dem von Rom (Ost- und West-Rom) begründeten Sakrament. Überdies genehmigte er dem Landgrafen Philipp von Hessen ein zweites Weib zur Befriedigung seiner überschäumenden Triebe. Die in den Leitungsgremien - wie der AStA den deutschen Universitäten „gewählt“ von einer verschwindenden Minderheit der Kirchensteuerzahler – anzutreffenden Progressivprotestanten wissen sich historisch auf der richtigen Seite, wenn sie wie stets meinen, politisch den Ton angeben zu dürfen.

Spätestens im September 2017 – bei den Koalitionsverhandlungen – wird man weitersehen. Bis dahin dürfen wir uns Gedanken über das in der letzten Woche vor den Parlamentsferien noch prestissimo inszenierte Spiel machen. Wer hat wen ausgetrickst? Martin Schulz, der von der „sozialen Gerechtigkeit“ zur „Ehegerechtigkeit“ überwechselte, Christian Lindner, der sich als Liberaler naturgemäß für einen liberalen Umgang mit der Verfassung stark machte, oder - von den „linken“ Klassenkämpfern ganz abgesehen – am Ende wieder einmal Merkel. Dass ihr beim „Brigitte“-Talkshow-Spektakel im Gorki-Theater der in bekannter Merkel-Diktion geäußerte Satz über die Gewissensfrage bei der Homo-Ehe gänzlich unerwartet von den Lippen ging – das mögen die von einem „Schabowski“-Versprecher Fabulierenden glauben.

Merkel parierte die von SPD und FDP eingeleiteten Wahlkampf-Manöver und hielt sich alle Koalitionsoptionen im Herbst d.J. offen. Der „Tagesspiegel“-Redakteur Malte Fleming vermutet sogar  ein noch raffinierteres Spiel: Merkel habe von vornherein den Gang nach Karlsruhe ins Auge gefasst und rechne mit einer negativen – zumindest „le mariage pour tous“ wieder einschränkenden - Entscheidung des BVerfG. http://www.tagesspiegel.de/politik/bundestag-beschliesst-ehe-fuer-alle-merkels-geheimer-plan-eine-spekulation/20001842.html. Dem sei, wie es sei...

III.
Dem Beobachter des grünen Konfetti-Kindergeburtstagsspiels im Bundestag drängen sich am Tag des 30. Juni gewisse historische Reminiszenzen auf. Am 30. Juni 1934 eröffnete der Reichskanzler - noch nicht "Führer und Reichskanzler" - Adolf Hitler vermittels SS (und diskreter Unterstützung seitens der Reichswehr) die erste große Mordorgie des NS-Regimes. Im Hotel Hanselbauer zu Bad Wiessee jagte Hitler höchstselbst seinen alten Kampfgefährten und Duzfreund Ernst Röhm ("Stabschef der SA") mitsamt dessen schwuler Entourage aus den Betten. Die Ermordung Röhms im Münchner Gefängnis Stadelheim überließ er am Tag danach dem SS-Helden Sepp Dietrich.

Bis zum sog. "Röhm-Putsch"  hatte der vom Putschisten zum Legalisten umgeschwenkte Braunauer Kritik am Lebensstil seiner alten Kämpfer mit den Worten „Meine SA ist kein Mädchenpensionat“ abgewiesen. Nach dem Massaker an seinen Genossen – die mörderische Entmachtung der nicht nur verbal sozialrevolutionär auftretenden SA wurde in weiten Kreisen mit Erleichterung aufgenommen – entdeckten die Nazis die bürgerliche Moral: Homosexualität galt fortan als artfremd verdammenswertes,  gemäß § 175 streng zu bestrafendes Delikt. Die schlimmen Erfahrungen aller in die KZs geworfenen Homosexuellen – und nicht wenige Morde an Trägern des „rosa Winkels“ - begründeten sodann den historischen Opferstatus der Schwulen.

Ist es statthaft, an diese betrüblichen historischen Fakten noch einige politisch inkorrekte Bemerkungen zu knüpfen? Abfällig über den „Hinterlader“ Röhm hatte sich der alte Reichspräsident Hindenburg geäußert - heute fraglos ein wichtiges Argument für die „Säuberung“ von entsprechenden Ortsbezeichnungen in deutschen Städten. Zu erinnern ist indes auch an den rhetorischen Abwehrkampf auf der – gesamten (?) - damaligen Linken gegen ihre braunen Feinde. Für sie hatte man die Bezeichnung „Sturmabteilung 175“ parat.

Noch einmal: Ist es historisch erlaubt, heute, im freiesten Staat der deutschen Geschichte usw., an derart unstatthafte Fakten zu erinnern? Verfällt derlei Erinnerung nicht besser der demokratischen damnatio memoriae? Gerät der Historiker dabei nicht leicht in den Verdacht von Maasens hate speech?

Montag, 19. Juni 2017

Zwei Zitate post mortem von Helmut Kohl

anstelle eines weiteren Nachrufs auf Helmut Kohl - er würde gewiss noch weniger Leser finden als der zwei Seiten lange von Rainer Blasius in der heutigen FAZ (v. 19.06.2017, S. 2-3) - begnüge ich mich mit nachfolgenden zwei Zitaten:

1) Aus dem einzigen Interview, das Kohl am 27.09.3003 der "Tageszeitung" (taz), vertreten durch den damaligen Chef der Bild-Zeitung Kai Diekmann, gewährte:

Frage: »Wie kommt es, dass der spätere Staatsmann Kohl besonders mit linken Amtskollegen im Ausland so gut konnte?«
Helmut Kohl: »Ich habe mich nie an diesen Fixierungen orientiert - schon weil links und rechts in jedem Land anders interpretiert werden. Im Wortsinn ein Linker ist sicherlich mein Freund Felipe Gonzales, der ehemalige spanische Ministerpräsident. Dieser weltoffene Mann, den Willy Brandt als seinen wahren Enkel in der Sozialistischen Internationale betrachtete, rief mich am Tag der deutschen Einheit früh morgens um 5 Uhr an und sagte: „Helmut, ich versuche schon seit Stunden, dich zu erreichen. Ich habe gerade eine Flasche deines Lieblingsweins hier und trinke sie auf Deutschlands Einheit und dein Wohl!“ Bei François Mitterrand hingegen habe ich mich oft gefragt, ob er wirklich ein Linker ist. Viele waren Sozialdemokraten, aber keine Sozialisten - jedenfalls nicht in dem Sinne wie die, die auf deutschen Straßen herumschrien. Ich habe immer auf den Menschen gesehen, das war für mich entscheidend, nicht links oder rechts.« http://www.taz.de/!5031676/

2) Auszug aus dem gestrigen Kommentar "Der letzte Tritt" von Thomas Rietzschel auf der "Achse des Guten":
»In der Geschichte, der deutschen zumal, kannte er [Helmut Kohl] sich aus; daraus entwickelte er die großen Linien. Diesem leidenschaftlich gesammelten Wissen verdanken wir die deutsche Wiedervereinigung. Da konnte dem beschlagenen Historiker keiner das Wasser reichen. Um seine Menschenkenntnis indes war es wesentlich schlechter bestellt. Der eine überlebende Beweis dafür ist Wolfgang Schäuble, der andere Angela Merkel. Nie war die kommunistisch geschulte, die überzeugte DDR-Bürgerin, „sein Mädchen“, die Ziehtochter, für die er sie lange halten wollte.

Noch mit ihrem Nachruf schämt sie sich nicht, Helmut Kohl, den George Bush sr. als „wahren Freund der Freiheit“ rühmte, einen letzten Tritt zu versetzen. Auch ihren „Lebensweg“, sagte sie, habe er „entscheidend verändert“. Dafür sei sie ihm „ganz persönlich dankbar“. Denn: „Ich konnte von da an auch ohne Angst beim alles überwachenden Staat leben.“

Im Klartext: Die amtierende Bundeskanzlerin betrachtet das unter Helmut Kohl vereinte Deutschland als einen „alles überwachenden Staat“, in dem sie als Politikerin „ohne Angst“ leben kann. Sich dafür in einem Nachruf bei Helmut Kohl zu bedanken, ist eine schlichte Unverschämtheit. Dass sich diese Aussage Merkels sprachlicher Unfähigkeit verdankt, ändert nichts an der ungewollten Offenbarung. Natürlich hätte sie sagen sollen, dass sie ohne Angst nicht „beim“, sondern „vor einem alles überwachenden Staat“ leben konnte."

Allein, sie ist wieder einmal in die selbst gestellte Wortfalle getappt. Der Freudsche Versprecher brachte die Gesinnung an den Tag. Er bestätigte, worauf Angela Merkel während ihrer bisherigen Kanzlerschaft zielstrebig hingewirkt hat und worauf sie weiter zusteuern will: Den Ausbau des omnipräsenten Staates nach ostdeutschem Vorbild.« http://www.achgut.com/artikel/merkels_letzter_tritt

Selbst wer den letzten Passus nicht ohne Einschränkung - war Angela seinerzeit als FDJ-Mädchen in Führungsfunktion aus protestantischer Frömmigkeit vom Geist ihres Staates so tief ergriffen oder bloß hinreichend versiert in der Dialektik der Anpassung? - teilen mag, kann nicht umhin, Merkels Zielstrebigkeit in der Behauptung von Macht sowie in der Kunst der Sebstbehauptung gegen die Herausforderungen der deutschen Sprache zu bewundern.

Freitag, 16. Juni 2017

Zum Tod von Helmut Kohl: Kulturkämpfe und ein neuer 17.Juni

I.

Dass Kultur und Geschichte in einem Wechselbezug stehen, ist evident, auch wenn es in der Gegenwart noch – oder wieder - Regionen gibt, in denen Kulturen existieren, die man – ohne jeglichen Bezug auf des Philosophen Hegel eurozentrische Weltsicht auf den „dunklen Kontinent“ - als geschichtslos bezeichnen darf. Zu den geschichtslosen Weltregionen gehört seit einiger Zeit – historisch nicht exakt datierbar - das Land in der Mitte Europas. Es hat sich seiner Geschichte nahezu gänzlich entledigt, was dem deutschen Staatsmann Helmut Kohl, verschieden am 16. Juni 2017, in seiner von schwerer Krankheit überschatteten letzten Lebensphase womöglich kaum noch ins Bewusstsein drang. Vor einiger Zeit ließ er sich noch mit einem Satz über die von ihm seinerzeit als CDU-Jungpolitikerin („das Mädchen“) mit DDR-Hintergrund geförderte Kanzlerin Merkel vernehmen, sie „macht mir noch mein Europa kaputt.“ Dass dieser Satz in den allfälligen Nachrufen auf den Kanzler der Einheit in den Leitmedien zitiert wird, ist eher unwahrscheinlich.

Im Internet ist eine Schwarz-Weiß-Fotografie zu sehen, die Kohl in den 1970er Jahren mit Ehefrau Hannelore Kohl und seinen beiden Söhnen auf dem Leipziger Markt vor dem Alten Rathaus zeigt. Von Leipzig gingen anno 1989 die Montagsdemonstrationen aus, die, parallel zur zwischen Mai und August erfolgten Grenzöffnung der Reformkommunisten in Ungarn, die Berliner Mauer zum Einsturz brachten. Dem in den Medien lange verspotteten Bundeskanzler Kohl hatten die Deutschen sodann in den wenigen Monaten zwischen dem 9. November 1989 und dem 3. Oktober 1990 maßgeblich die zielstrebig angesteuerte staatliche Neu- oder Wiedervereinigung ihrer territorialen Konkursmasse des Deutschen Reiches zwischen Oder und Rhein zu verdanken.

Kohl ist auch – vor dem Mauerfall vielfach als überholtes, nationalnostalgisches Projekt bekämpft – die Einrichtung eines Deutschen Historischen Museums zu verdanken, das 2006 eröffnet wurde (siehe H.A.: https://themen.iablis.de/2006/ammon06.html; s. auch: https://herbert-ammon.blogspot.de/2016/08/von-koniggratz-in-die-gegenwart.html). Zieht man nach über zehn Jahren Bilanz, so drängt sich der Eindruck auf, das Museum verfolge – insbesondere mit einer Reihe von Sonderausstellungen – den Zweck, den Besuchern jegliches Bedürfnis nach zur Identifikation mit nationaler Kultur und Geschichte einladenden Bildern der Vergangenheit auszutreiben. Von einer Ausstellung zur Geschichte der europäischen Entdeckungen abgesehen, geht es um Themen wie die Homosexuellenverfolgung zur Nazizeit oder um die fragwürdige Kolonialtradition des Kaiserreiches.

II.

In Architektur, Artefakten, Symbolen findet die Kultur eines Landes und dessen - dem historischen Wandel unterworfenen - Selbstbewusstseins ihren ästhetischen Ausdruck. Seit der von meinungsführenden Intellektuellen in West und Ost mehrheitlich unerwarteten und weithin unerwünschten Wiedervereinigung sind in Berlin kontinuierlich Kulturkämpfe zu erleben. Insofern der trotz allerlei Postmoderne vorherrschende Funktionalismus aus Stahl, Glas und sonstigen Materialien sich mit schneller Bauweise verbindet, gelang es den Verantwortlichen (Stadtplanern, Kulturfunktionären, Politikern, Architekten) in nur wenigen Jahren, in der Zone zwischen Potsdamer Platz und dem durch spezifische Ödnis beeindruckenden Kulturforum ein architektonisches Mixtum compositum zu errichten, das Gedanken an vergangene wilhelminische Pracht gar nicht erst aufkommen lässt. Für die politisch korrekte Namensästhetik dienten sodann beliebig applizierte Straßenschilder wie Ludwig-Beck-Straße, Valerian-Fry-Straße, Marlene-Dietrich-Platz.

Alsbald verpasste man dem Reichstagsgebäude – zum Glück im Hinterhof - ein pädagogisches Kunstwerk zur Konterkarierung der „völkischen“ Inschrift auf dem westlichen Giebelfries. Inzwischen war der Kampf um den wegen Asbestgefahr zur Disposition stehenden „Palast der Republik“ und das von dem Initiativkreis um Wilhelm von Boddien betriebene Konzept der Wiederrichtung des anno 1952 gesprengten Stadtschlosses entbrannt. Das in der Nachkriegszeit – gerade auch in Westdeutschland - im Blick auf die innerstädtischen Trümmerwüsten propagierte und weithin realisierte Konzept einer aus geschichtsmoralischen Gründen angeblich gebotenen völligen Neugestaltung – statt eines historisch-ästhetisch irreführenden Wiederaufbaus – erlebte eine Art Neuauflage. (Zur Erinnerung: Oft waren dieselben Leute, die in den Nachkriegsjahrzehnten für den „Kahlschlag“ plädierten, voll der anerkennenden Bewunderung für den am historischen Vorbild orientierten polnischen Wiederaufbau von Warschau, Breslau und Danzig.) Während man noch - vergeblich - gegen die preisgekrönte historische Barockfassade des Italieners Franco Stella polemisierte, regte sich gegen die inzwischen erfolgte Rekonstruktion des klassizistischen Kommandantenhauses kaum Widerspruch, mutmaßlich deshalb, weil das strahlende Gebäude, nunmehr im Besitz der Bertelsmann AG samt Stiftung, als eine Art Bastion der Zivilgesellschaft fungierte.

Die zivilgesellschaftlichen Proteste gegen die Schlosskulisse verebbten erst, nachdem klar war, dass in seinem Inneren keinerlei museale Erinnerung an das Haus Brandenburg und an Preußens Gloria gepflegt werden sollte, sondern als Humboldt-Forum die Kulturen der Welt zur Darstellung kommen würden: Weltoffenheit im Zeiten der Globalisierung anstelle preußisch-deutscher Selbstbespiegelung! Das einst zu Recht mit Stolz präsentierte Ethnologische Museum zu Berlin-Dahlem wird zu diesem Zwecke seit einigen Monaten bereits leergeräumt.

Der Streit wogt derzeit um das von einer traditionsbewussten Dame gestiftete Kreuz auf der – wiederum einem großzügigen Stifter zu verdankenden – bereits in Beton aufgeführten Kuppel. Mit demokratischen Argumenten, teils historisch - kein Kreuz über der nicht mehr vorhandenen, von dem konterrevolutionären König Friedrich Wilhelm IV. eingerichteten Hofkapelle! – teils gegenwartsbezogen - kein christlich definiertes Symbol in unserer säkularen Multikultur! –, gilt es die Krönung der Kuppel mit einem goldenen Kreuz zu verhindern. Der Kampf gegen das Kreuz wird naturgemäß von dem von der „Linken“ bestellten Kultursenator Klaus Lederer angeführt.Mit einem süffisant salomonischen Vermittlungsvorschlag (Kreuz, Mondsichel, Davidstern) hat sich auch Aiman Mayzek, muslimischer Zentralratsvorsitzender, in die Debatte eingeschaltet. Das Thema „Kuppelkreuz“ wird mithin die Feuilletons noch weiter beschäftigen, das Thema „Leitkultur“ gilt es dabei zu vermeiden...

Was die zur Spree hin offene Schlossfassade betrifft, so haben die drei Gründungsdirektoren des Humboldt-Forums Horst Bredekamp, Hermann Parzinger und Neil MacGregor die Idee ins Spiel gebracht, an der Rückseite eine große Inschrift ZWEIFEL anzubringen, um der mit dem Schlossbau – und mutmaßlich mit der deutschen Geschichte in toto – verbundenen Ungewissheiten Ausdruck zu verleihen. Keine Frage: Der Zweifel ziert den Charakter der historisch-moralisch reinen Zivilgesellschaft...

III.

Wäre es im ereignisreichen Jahre 1990 nach dem für „Demokratie jetzt“ gewählten Bürgerrechtler Konrad Weiß gegangen, so hätte die erste und letzte frei gewählte Volkskammer bereits am 17. Juni gemäß Art. 23 GG den Beitritt der DDR zur Bundesrepublik Deutschland erklärt. Der Geschichtskalender des neu vereinten Deutschland hätte ein gänzlich anderes Gepräge bekommen. Aus politisch plausiblen Gründen – die 2+4-Verhandlungen waren noch nicht abgeschlossen - wurde der Antrag abgewiesen. Der Beitrittsbeschluss der im „Palast der Republik“ versammelten Volkskammer erfolgte sodann erst am 23. August 1990.

Heute, anno 2017, erinnert außer den DDR-Opferverbänden kaum jemand noch an den Aufstand am 17. Juni 1953, an jenen Tag der deutschen Geschichte, da, ausgehend von Streiks der Bauarbeiter auf der Ostberliner Stalinallee gegen Normenerhöhung und Lohnverlust, binnen weniger Stunden in den Städten der DDR die Ablehnung der von der Sowjetunion installierten SED-Diktatur in einen Volksaufstand für die deutsche Einheit mündete. Mehr noch, der Tag, bis 1990 deutscher Nationalfeiertag in der Bundesrepublik, ist in Deutschland – West wie Ost – weitgehend vergessen oder unbekannt, keineswegs nur bei migratorischen Neubürgern.

Das Vergessen der Geschichte, die medial vermittelte Existenz in einer ahistorischen Gegenwart, mag ein in den westeuropäischen Gesellschaften allgemein zu beobachtendes Phänomen sein. Nirgendwo scheint es indessen so ausgeprägt zu sein wie in Deutschland. Mehr noch: Die Eliminierung historischen Bewusstseins gehört zum ideologischen Konzept diverser Lobbygruppen der „Zivilgesellschaft“.

Im Internet ist eine Anzeige der evangelischen Diakonie Deutschland zu finden, die sich an einer – von wem auch immer gestarteten - Initiative zum 17. Juni als „Tag der offenen Gesellschaft“ beteiligt. Die protestantische Organisation, ein stets für Spenden empfängliches Unternehmen der dank Immigration ("Geflüchtete") expandierenden deutschen Sozialindustrie, frappiert den Leser und Internet-Konsumenten mit der Frage: „Was wirst Du auftischen? Welches Essen darf bei Deiner Tafel auf keinen Fall fehlen? Frische Erdbeeren, Hummus, Frikadellen mit Senf, Nachos & Guacamole, Pasta ...?? Es gibt so unglaublich viel leckeres Essen! Sei dabei und setze mit uns am 17. Juni ein Zeichen für mehr Miteinander, mehr Menschlichkeit, mehr Dafür!“

Am diesjährigen 17.Juni, dem „Tag der offenen Gesellschaft“, soll demnach nicht gefastet, sondern multikulturell „aufgetischt“ werden. Der diesem unserem Lande nunmehr aufgetischte postdeutsche Nationalfeiertag ist nicht zum Nachdenken und Verstehen von Kultur und Geschichte, sondern zum Verdauen von „lecker Essen“ erfunden worden. Das ideologische Menü für ein geschichtslos gewordenes Land? Nein – Hitler kennt noch fast jeder, auch die „noch nicht so lange hier leben“.

Dienstag, 13. Juni 2017

Zivilcourage im neuen Deutschland anno 2017



Seit geraumer Zeit, seit etwa zwei Jahren, läuft im freiesten Staat der deutschen Geschichte eine von Protagonisten der Demokratie, der Freiheit und der Menschenrechte betriebene Rufmordkampagne gegen Jörg Baberowski, Professor für Osteuropäische Geschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin. Baberowski zählt mit seinem Werk zu den international hoch geachteten Vertretern seines Faches. Für sein Buch „Verbrannte Erde. Stalins Herrschaft der Gewalt“ erhielt er 2012 den Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Sachbuch/Essayistik.

2015 erschien sein Buch „Räume der Gewalt“ , worin er das Gewaltthema aus der Logik der Oktober-Revolution, des von Lenin dekretierten Roten Terrors und von Stalins Schreckensherrschaft herauslöste und in einen historisch umfassenderen Rahmen stellte sowie mit grundsätzlichen anthropologischen Fragen verknüpfte. Mit derlei Fragen, wie sie zuvor der Yale-Historiker Timothy Snyder in seinem Buch „Bloodlands. Europe Between Hitler and Stalin“ (2010) aufgeworfen hatte, fand Baberowski in den Feuilletons noch weitgehend Beifall.

Das änderte sich, als der bei der Mehrheit der Studenten als anregender Lehrer geschätzte Baberowski im Herbst 2015 - in Humboldtscher Tradition der nicht nur akademisch freien Rede - mit explizit politischen Äußerungen hervortrat. Er gehörte zu den wenigen Hochschullehrern im deutschen Bologna-System, die öffentlich Kritik an der am 4. September 2015 von Kanzlerin Merkel in autokratischer Manier verfügten Grenzöffnung für weit über eine Million reale und imaginäre Flüchtlinge aus aller Welt übte.

Zur Erinnerung: Merkel verteidigte ihre Einladung an alle Welt mit der volksgemeinschaftlichen Suggestion: „Wir schaffen das!“ Wir wissen inzwischen, dass der Kanzlerin mitsamt ihres engeren Führungskreises angesichts des Ansturms bereits nach einer Woche Bedenken kamen und die Regierung dabei war, vermittels der bereits aufgebotenen Bundespolizei die Grenzen zu Österreich wieder zu schließen. Dann kamen Merkel, de Maizière, Gabriel und Seehofer wieder andere Bedenken wegen der daraus womöglich resultierenden „hässlichen Bilder“. Folglich zelebrierte das „helle Deutschland“ (J. Gauck) gegenüber den übrigen EU-Bruderstaaten seine moralische Überlegenheit im Zeichen der „Willkommenskultur“. Merkel verteidigte ihre Flutungsaktion mit dem trutzigen Satz, es sei ihr „doch egal, ob ich daran [an dem Masseneinwanderung von „Geflüchteten“] schuld bin. Jetzt sind sie da!“ Ein paar Wochen später reiste sie in die Türkei, um mit Erdogan einen „Deal“ zur Unterbindung der Ägäis- und Balkanroute abzuschließen.

Während die „Leitmedien“ - mit zeitweilig verhaltener Kritik in der FAZ - Merkels Zick-Zack-Kurs mit Bewunderung begleiteten, ihr entgegen aller Evidenz stets Mut und Moral attestierten, meldeten selbstdenkende Persönlichkeiten wie Baberowski Widerspruch gegen derlei politisches Gebaren – und dessen absehbar gefährliche Folgen an. Jetzt sahen langzeitstudierende Jünger der Weltrevolution, Angehörige einer trotzkistischen Sekte (wenngleich unter dem Banner der IV. Internationale), die Chance zum Angriff auf Baberowski, Abweichler vom bequemen Begriff des Stalinismus und Verächter der reinen Lehre vom künftigen Reich der Gleichheit, der Unfreiheit und des Weltfriedens.

Die zunächst anonym operierenden Weltrevolutionäre empörten sich in ihren Flugblättern zunächst auch über den Politikwissenschaftler Herfried Münkler, der seine Vorlesungen mit ironischen Sprüchen über simple Denkmuster und einfältige Gemüter würzte (und obendrein angeblich zu schlechte Zensuren verteilte). Die spätberufenen Klassenkämpfer operierten inzwischen mit der Suggestivvokabel „rechts“ – die Allzweckwaffe in bundesrepublikanischen Politkämpfen. Münkler, der anno 2014 politisch inkorrekt noch mit der Verteidigung der „Schlafwandler“-Thesen von Christopher Clark hervorgetreten war, konnte sich aus der Schusslinie zurückziehen, indem er gemeinsam mit seiner Gattin ein Buch zu den „neuen Deutschen“ publizierte, das auf eine Verteidigung der Merkelschen Einwanderungspolitik hinauslief.

Anders Baberowski, der an seiner Kritik an der ungeregelten, politisch unverantwortlichen Masseneinwanderung festhielt. Das rief die an deutschen Universitäten kontinuierlich mit studentischer Minimalbeteiligung (unter 10 Prozent) „gewählte“ AStA-Einheitsfront auf den Plan. Gegen einen Auftritt Baberowskis in Bremen im Herbst 2016 machte der dortige AStA mit den üblichen Antifa-Parolen („Hetzer“, „Rassist, „Rechtsradikaler“) mobil. Baberowski setzte sich gegen derlei Denunziationen juristisch zur Wehr – womöglich ein taktischer Fehler, denn das Oberlandesgericht Köln gab ihm bezüglich der Ehrverletzungen zwar in allen Punkten recht, bescheinigte den Antifa-Helden indes, ihre Parolen (exemplarisch für „linke“ hate speech) lägen noch innerhalb des Rahmens grundgesetzlich gesicherter Meinungsfreiheit.

Daraufhin kam es (am 30.03.2017) zu einer Ehrenerklärung des Präsidiums und des Dekanats der HU Berlin. In der von einer größeren Anzahl unterzeichneten Erklärung heißt es: „Jörg Baberowski ist ein hervorragender Wissenschaftler, dessen Integrität außer Zweifel steht und der in der wissenschaftlichen Community hohes Ansehen genießt. Seine in öffentlichen Debatten vertretenen Positionen sind dabei durchaus kontrovers. Diese jedoch als "rechtsradikal" zu bezeichnen, mag durch die Meinungsfreiheit gedeckt sein. Gleichwohl ist festzuhalten, dass es sich dabei um Meinungen handelt, die keine Allgemeingültigkeit besitzen. Das Präsidium der Humboldt-Universität stellt klar: Die wissenschaftlichen Äußerungen von Jörg Baberowski – insbesondere in ihren Kontexten – sind nicht rechtsradikal.“ Etwa gleichzeitig (05.04.2017) solidarisierten sich Mitarbeiter der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur mit Baberowski
in einer Erklärung, die von DDR-Bürgerrechtlern wie Markus Meckel, Gerd Poppe, Rainer Eppelmann u.a. unterzeichnet wurde.

Dessen ungeachtet sahen aufgrund des Gerichtsurteils zur Meinungsfreiheit nun offenbar einige außerhalb des politischen Sektenmilieus angesiedelte Feinde ihre Chance zum Großangriff auf Baberowski. Ende April erschien ein entsprechender Artikel im Berliner „Tagesspiegel“. Zuletzt trat der an der Universität Bremen lehrende Jurist Andreas Fischer-Lescano gegen Baberowski auf den Plan, indem er dem AStA – ja was wohl? - „Zivilcourage“ attestierte: „Dieser Sieg des AStA [sic!] ist nicht hoch genug zu bewerten. Er ist das Verdienst couragierter Studierender, die sich nicht haben ablenken lassen: Beim Fall Baberowski geht es um viel mehr als nur eine Streitkultur. Es geht darum sicherzustellen, dass an der Universität das rassistische Vorurteil und die fremdenfeindliche Geste kritisiert werden dürfen.“ Vor ein paar Tagen (11.06.2017) durfte Fischer-Lascano mit einem „Gastbeitrag“ der „Frankfurter Rundschau“ nachlegen. Überschrift: „Die Selbstinszenierung eines Rechten“.

Der Jura-Professor hält seine Attacken auf Baberowski offenbar für „links“. In Wirklichkeit stehen die AStA-Helden sowie ihr Mentor in bester deutscher Tradition.



Zivilcourage im neuen Deutschland anno 2017

Seit etwa zwei Jahren läuft im freiesten Staat der deutschen Geschichte eine von Protagonisten der Demokratie, der Freiheit und der Menschenrechte betriebene Rufmordkampagne gegen Jörg Baberowski, Professor für Osteuropäische Geschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin. Baberowski zählt mit seinem Werk zu den international hoch geachteten Vertretern seines Faches. Für sein Buch „Verbrannte Erde. Stalins Herrschaft der Gewalt“ erhielt er 2012 den Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie Sachbuch/Essayistik.

2015 erschien sein Buch „Räume der Gewalt“ , worin er das Gewaltthema aus der Logik der Oktober-Revolution, des von Lenin dekretierten Roten Terrors und von Stalins Schreckensherrschaft herauslöste und in einen historisch umfassenderen Rahmen stellte und zudem mit grundsätzlichen anthropologischen Fragen verknüpfte. Mit derlei Fragen, wie sie zuvor der Yale-Historiker Timothy Snyder in seinem Buch „Bloodlands. Europe Between Hitler and Stalin“ (2010) aufgeworfen hatte, fand Baberowski in den Feuilletons noch weitgehend Beifall.

Das änderte sich, als der bei der Mehrheit der Studenten als anregender Lehrer geschätzte Baberowski im Herbst 2015 - in Humboldtscher Tradition der nicht nur akademisch freien Rede - mit explizit politischen Äußerungen hervortrat. Er gehörte zu den wenigen Hochschullehrern im deutschen Bologna-System, die öffentlich Kritik an der am 4. September 2015 von Kanzlerin Merkel in autokratischer Manier verfügten Grenzöffnung für weit über eine Million reale und imaginäre Flüchtlinge aus aller Welt übten. Zur Erinnerung: Merkel verteidigte ihre Einladung an alle Welt mit der volksgemeinschaftlichen Suggestion: „Wir schaffen das!“ Wir wissen inzwischen, dass der Kanzlerin mitsamt ihres engeren Führungskreises angesichts des Ansturms bereits nach einer Woche Bedenken kamen und die Regierung dabei war, vermittels der bereits aufgebotenen Bundespolizei die Grenzen zu Österreich wieder zu schließen. Dann kamen Merkel, de Maizière, Gabriel und Seehofer wieder andere Bedenken wegen der daraus womöglich resultierenden „hässlichen Bilder“. Folglich zelebrierte das „helle Deutschland“ (J. Gauck) gegenüber den übrigen EU-Bruderstaaten seine moralische Überlegenheit im Zeichen der „Willkommenskultur“. Merkel verteidigte ihre Flutungsaktion mit dem trutzigen Satz, es sei ihr „doch egal, ob ich daran [an dem Masseneinwanderung von „Geflüchteten“] schuld bin. Jetzt sind sie da!“ Ein paar Wochen später reiste sie in die Türkei, um mit Erdogan einen „Deal“ zur Unterbindung der Ägäis- und Balkanroute abzuschließen.

Während die „Leitmedien“ - mit zeitweilig verhaltener Kritik in der FAZ - Merkels Zick-Zack-Kurs mit Bewunderung begleiteten, ihr entgegen aller Evidenz stets Mut und Moral attestierten, meldeten selbstdenkende Persönlichkeiten wie Baberowski Widerspruch gegen derlei politisches Gebaren – und dessen absehbar gefährliche Folgen an. Jetzt sahen langzeitstudierende Jünger der Weltrevolution, Angehörige einer trotzkistischen Sekte (wenngleich unter dem Banner der IV. Internationale), die Chance zum Angriff auf Baberowski, Abweichler vom bequemen Begriff des Stalinismus und Verächter der reinen Lehre vom künftigen Reich der Gleichheit, der Unfreiheit und des Weltfriedens.

Die zunächst anonym operierenden Weltrevolutionäre empörten sich in ihren Flugblättern zunächst auch über den Politikwissenschaftler Herfried Münkler, der seine Vorlesungen mit ironischen Sprüchen über simple Denkmuster und einfältige Gemüter würzte (und obendrein angeblich zu schlechte Zensuren verteilte). Die spätberufenen Klassenkämpfer operierten inzwischen mit der Suggestivvokabel „rechts“ – die Allzweckwaffe in bundesrepublikanischen Politkämpfen. Münkler, der anno 2014 politisch inkorrekt noch mit der Verteidigung der „Schlafwandler“-Thesen von Christopher Clark hervorgetreten war, konnte sich aus der Schusslinie zurückziehen, indem er gemeinsam mit seiner Gattin ein Buch zu den „neuen Deutschen“ publizierte, das auf eine Verteidigung der Merkelschen Einwanderungspolitik hinauslief.

Anders Baberowski, der an seiner Kritik an der ungeregelten, politisch unverantwortlichen Masseneinwanderung festhielt. Das rief die an deutschen Universitäten kontinuierlich mit studentischer Minimalbeteiligung (unter 10 Prozent) „gewählte“ AStA-Einheitsfront auf den Plan. Gegen einen Auftritt Baberowskis in Bremen im Herbst 2016 machte der dortige AStA mit den üblichen Antifa-Parolen („Hetzer“, „Rassist", „Rechtsradikaler“) mobil. Baberowski setzte sich gegen derlei Denunziationen juristisch zur Wehr – womöglich ein taktischer Fehler, denn das Oberlandesgericht Köln gab ihm bezüglich der Ehrverletzungen zwar in allen Punkten recht, bescheinigte den Antifa-Helden indes, ihre Parolen (exemplarisch für „linke“ hate speech) lägen noch innerhalb des Rahmens grundgesetzlich gesicherter Meinungsfreiheit.

Daraufhin kam es (am 30.03.2017) zu einer Ehrenerklärung des Präsidiums und des Dekanats der HU Berlin. In der von einer größeren Anzahl unterzeichneten Erklärung heißt es: „Jörg Baberowski ist ein hervorragender Wissenschaftler, dessen Integrität außer Zweifel steht und der in der wissenschaftlichen Community hohes Ansehen genießt. Seine in öffentlichen Debatten vertretenen Positionen sind dabei durchaus kontrovers. Diese jedoch als "rechtsradikal" zu bezeichnen, mag durch die Meinungsfreiheit gedeckt sein. Gleichwohl ist festzuhalten, dass es sich dabei um Meinungen handelt, die keine Allgemeingültigkeit besitzen. Das Präsidium der Humboldt-Universität stellt klar: Die wissenschaftlichen Äußerungen von Jörg Baberowski – insbesondere in ihren Kontexten – sind nicht rechtsradikal.“ Etwa gleichzeitig (05.04.2017) solidarisierten sich Mitarbeiter der Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur mit Baberowski
in einer Erklärung, die von DDR-Bürgerrechtlern wie Markus Meckel, Gerd Poppe, Rainer Eppelmann u.a. unterzeichnet wurde.

Dessen ungeachtet sahen aufgrund des Gerichtsurteils zur Meinungsfreiheit nun offenbar einige außerhalb des politischen Sektenmilieus angesiedelte Feinde ihre Chance zum Großangriff auf Baberowski. Ende April erschien ein entsprechender Artikel im Berliner „Tagesspiegel“. Zuletzt trat der an der Universität Bremen lehrende Jurist Andreas-Fischer Lescano gegen Baberowski auf den Plan, indem er dem AStA – ja was wohl? - „Zivilcourage“ attestierte: „Dieser Sieg des AStA [sic!] ist nicht hoch genug zu bewerten. Er ist das Verdienst couragierter Studierender, die sich nicht haben ablenken lassen: Beim Fall Baberowski geht es um viel mehr als nur eine Streitkultur. Es geht darum sicherzustellen, dass an der Universität das rassistische Vorurteil und die fremdenfeindliche Geste kritisiert werden dürfen.“ Vor ein paar Tagen (11.06.2017) durfte Fischer-Lascano mit einem „Gastbeitrag“ der „Frankfurter Rundschau“ nachlegen. Überschrift: „Die Selbstinszenierung eines Rechten“.

Der Jura-Professor hält seine Attacken auf Baberowski offenbar für „links“. In Wirklichkeit stehen die AstA-Helden sowie ihr Mentor in bester deutscher Tradition.